Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, in einem sind wir uns in diesem Haus vielleicht sogar einig, die […]
«Aktuelle Stunde: Auswirkungen Thüringenwahl

Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren,
in einem sind wir uns in diesem Haus vielleicht sogar einig, die Causa Kemmerich und die Reaktionen darauf, haben ein politisches Erdbeben in diesem Land verursacht und waren tatsächlich auf mehrerlei Weise ein Desaster für dieses Land. Über die Gründe könnten wir freilich nicht uneiniger sein. Liebe Linke, Sie instrumentalisieren eine Debatte über eine Wahl eines FDP-Abgeordneten Kemmerich und verstecken nicht einmal, dass es Ihnen im Kern gar nicht um die Verhinderung nationalsozialistischer Umtriebe geht, sondern um die Abschaffung von Wettbewerb, geheimen Wahlen und die Beerdigung eines demokratischen Selbstverständnisses. Ausgrenzen ist Ihre Strategie, Sie hassen im Kern die demokratische Kontroverse, denn ohne Kontroverse – und das kennen Sie gut – gibt es nur eine Meinung.
Sie wissen alle, liebe FDP, liebe CDU, dass dieses Desaster eines mit Ansage war. Es wussten genügend Führungskräfte in beiden Parteien Bescheid, sie waren nur wieder einmal auf den medialen Shitstorm von links und grün in keiner Weise vorbereitet. Und so dominieren wieder einmal die Linken am Ende die offizielle politische Lesart. Das ist ein Desaster par excellence. Sie verschlafen seit 2015 eine Antwort auf die AfD! In Strategiepapieren seit 2015 können Sie lesen, dass genau das, was in Thüringen passiert ist, geplant war – schon lange! Man müsste den politischen Gegner nur einmal ernst nehmen.
Liebe SPD und Grüne, Sie sind hier besonders scheinheilige Vertreter, denn Sie müssten eigentlich kleinlaut zugeben, dass Sie im Vorfeld in Thüringen einen bürgerlichen Ministerpräsidenten verhindert haben, Sie haben sich einer Wahl, z.B. von Herrn Mohring, im Vorfeld verweigert und damit haben Sie die Zuspitzung, auf genau das was passiert ist, nämlich eine Zuspitzung der Ränder, erst ermöglicht.
Alle diejenigen, die eilfertig und reflexartig jetzt gleich wieder von Weimarern Verhältnissen reden, machen einen dramatischen Fehler. Sie stellen erstens die Wahl von Herrn Kemmerich – einem Kandidaten der Mitte – mit einer Wahl eines Extremisten gleich. Schlimm. Ich verstehe die Angst, aber die Gleichsetzung ist dennoch falsch. Zweitens, Sie entwerten die Lehre aus den Weimarer Verhältnissen für den Bürger, für den Wähler, denn außerhalb der politischen Kreise versteht niemand, was Sie sagen! Ich rede nicht über die Aktivisten auf der Straße, die Linksterroristen, die Anschläge und so weiter, das ist nicht das normale Volk!
In CDU und FDP werden dazu noch reihenweise politische Persönlichkeiten entsorgt – Herr Lindner fast, andere gleich ganz – und Sie helfen damit der AfD auf für mich unvorstellbare Weise. Und noch dramatischer ist, das was folgt – und ich bitte Sie, sich das wirklich zu Herzen zu nehmen – mit dem Rücktritt von Herrn Kemmerich vereiteln Sie am Ende die Möglichkeit – DIE Möglichkeit – und das Potenzial einer bürgerlichen Regierung und Sie verhelfen damit – Sie alle, auch hier – Herrn Björn Höcke an die AfD-Spitze vorzudringen. Und jetzt glauben Sie ja nicht, dass das gut wäre, denn während die AfD aktuell führungslos ist und keine Strategie hat und stagniert, obwohl sie massenweise Steilvorlagen Ihrerseits geboten bekommt, wird das unter Björn Höcke nicht mehr passieren. Seine Berater haben eine Strategie, sie haben eine Vision und sie werden zwar nicht demokratisch aber die AfD am Ende einnehmen und Gott gnade diesem Land, was dann passiert. Herr Björn Höcke will tatsächlich ein anderes Deutschland – andere an der linken Seite wollen das auch – aber Sie immunisieren durch Ihr Verhalten Björn Höcke für eine Wählerschaft, die die Begriffe „Nazi“ und „Faschismus“ schon lange nicht mehr ernst nimmt, weil sie über Gebühr benutzt wurden. Das ist das eigentliche Drama an Thüringen, es ist auch Ihr Werk und ich frage mich besorgt, welche politische Antwort Sie darauf in Zukunft finden wollen.


