+++ „Aufrunden, bitte“ +++

„Auf Wangerooge wurde im November testweise die Auslieferung von kleinen Cent-Münzen gestoppt. Die EU-Kommission will das bald flächendeckend einführen. Auf der Nordseeinsel ging der Test jedoch nach hinten los.“ ‚Wir kommen nicht ohne die Münzen aus‘, sagt die Inhaberin der Inselbuchhandlung, Claudia Grunemann. ‘Man sagt das immer so leicht, aber das macht nicht jeder Kunde mit. Das müsste man mit jedem Kunden ausdiskutieren.‘ […] In ihrer Buchhandlung kann Grunemann viele der krummen Preise nicht einfach ändern, denn für Bücher gilt deutschlandweit eine Preisbindung. Ebenso für verschreibungspflichtige Medikamente in Rita Ademes’ Apotheke auf Wangerooge.“

Die Abschaffung der kleinen Centmünzen steht seit vielen Jahren regelmäßig im Fokus von Politik und Banken. Zu teuer in der Herstellung, Transport und Aufbewahrung. Ohnehin mögen Kunden „glatte Beträge“ sowieso mehr. Und dennoch haben sich diese Centbeträge in der Praxis nach wie vor erhalten, denn für den Handel sind sie wichtige psychologische Preisschwellen. Was hier tatsächlich versucht wird, ist eine schleichende Abschaffung des Bargeldes. Von zwei Seiten.

Zuerst mussten die 500 und 200 Euro-Scheine weichen, der Hunderter ist längst schon im Gespräch. Vorgebliches Ziel war die Erschwerung von illegalen Geschäften. Nun sollen die „Kupfermünzen“ aus den Portemonnaies der Bürger verschwinden. Übrig bleiben fünf Münzen und vier Scheine. Da sich Fälscherwerkstätten bereits seit Jahren auf sogenannte „kleine Scheine“ spezialisiert haben – denn diese werden vom Empfänger nicht so argwöhnisch geprüft – ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch diese abgeschafft und in diesem Zuge auch die noch verbliebenden Münzen unnütz werden. Übrig bleibt der gläserne Bürger. Nachtigall, ick hör dir trapsen.

https://www.welt.de/wirtschaft/article205548113/Abschaffung-des-Kleingeldes-Wangerooge-will-Cent-Muenzen-zurueck.html